Merkmale schlechter Führungskräfte

von Sebastian Bluhm

Führungskräfte sind zum großen Teil für den Erfolg des Unternehmens verantwortlich. Sie prägen das Team durch ihre Werte und repräsentieren die Unternehmenskultur nach innen und außen. Führungspersonal kann Mitarbeitende zu Höchstleistungen führen und eine Atmosphäre schaffen, in der sich nicht nur alle wohlfühlen, sondern auch alle Bestleistungen erreichen. 

Führungskräfte sind die Basis jeder Organisation

Es gibt den verbreiteten Irrglauben, dass Führungskräfte bzw. Führung in einer Organisation ganz oben steht und dies mit einem Haus vergleichbar sei. Dieses Bild wird sicherlich verstärkt in den klassischen Pyramidenorganisationen mit einem starren hierarchischen Organisationsmodell. Jedoch ist das Bild nicht ganz zutreffend, da die Führung- bzw. Führungskräfte nicht die Spitze des Hauses sind, sondern die Basis. Das Haus wird in diesem Fall auf den Kopf gestellt. Gute wie auch schlechte Führung ist das Fundament einer Organisation, auf welcher dann Entwicklungen stattfinden. Folgt man diesem Gedankenmodell, kommt es elementar auf dieses Fundament an, wenn es um die Entwicklungsmöglichkeiten eines Unternehmens geht.

Schlechte Führung ist der Standard und extrem kostspielig

Die Welt könnte so schön und einfach sein, ist sie aber nicht. Natürlich wird (fast) jede Führungskraft von sich selbst behaupten, eine gute Führungskraft und positive Eigenschaften zu besitzen und auszustrahlen. Soweit die schöne Welt des Selbstbetruges, denn ein Blick in die Zahlen zeichnet ein anderes Bild der Wirklichkeit. Der Hauptgrund für Kündigungen von Mitarbeitern ist schlechte Führung. Laut einer Befragung hängt die Motivation der Mitarbeiter zu 70% von dem Verhalten der Führungskraft ab und 45% haben schon mal den Arbeitgeber gewechselt, weil Wertschätzung durch den Chef fehlt. Wenn man dann noch bedenkt, dass eine Kündigung im Unternehmen laut einer Studie mindestens 13.705 Euro kostet, dann können Führungskräfte in einem Unternehmen hohen Schaden anrichten. In Summe kann man betriebswirtschaftlich festhalten, dass schlechte Führung die Unternehmen richtig Geld dauerhaft kostet.

Der Status Quo ist demnach, dass im Standard die Führung in Unternehmen schlecht ist und negative Auswirkungen auf die Entwicklung der Organisation hat.

Merkmaler schlechter Führungskultur

Das gute ist, schlechte Führung lässt sich anhand verschiedener Merkmale feststellen. Und wenn die Führungskraft dann noch über ein gewisses Reflexionsvermögen verfügt, kann sie sich sogar weiterentwickeln und das Führungsverhalten optimieren. Grundsätzlich gehe ich davon aus, dass niemand bewusst und willentlich eine schlechte Führungskraft sein will. Vielmehr sind viele Personen unvorbereitet auf diese Aufgabe, haben eine geringe Selbstführung, Angst und lassen sich von Ihrem unterbewussten ICH unreflektiert leiten. Oftmals wie in einem Autopilotenmodus.

Hier ein paar (nicht abschließende) Merkmale, die dem einen oder anderen im Berufsleben sicherlich auch schon mal begegnet sind: 

1. Dauersicherheitsdenker

Eine extrem destruktive und demotivierende Art ist auch, wenn die Führungskraft als obersten Ziel den Erhalt der eigenen Position verfolgt. Im Amerikanischen wird das Phänomen auch als “Cover your ass” bezeichnet. Solche Führungskräfte haben nicht als oberste Priorität den Erfolg des Unternehmens oder des Teams, sondern einzig steht die Absicherung der persönlichen Position und des Status auf der Agenda. Nach dieser Maxime tun solche Menschen (verdeckt) alles, um Sicherheit für ihren Status und die Position zu gewinnen. Dieses Verhalten kann sich dann in unterschiedlichen Handlungen ausprägen und hat multiple destruktive Elemente, die ich hier auch aufgeführt habe.

2. Mikromanagement – Mangelndes Vertrauen

Schlechte Führungskräfte sind vielfach extreme Mikromanager und haben damit auch ein hohes Kontrollbedürfnis. Mikromanagement ist eine fatale Eigenschaft, weil solche Personen sich auf kleinste Details konzentrieren und diese dann selbst auch erledigen. Die wirklich wichtigen Themen werden nicht von solchen Personen in Angriff genommen. Hintergrund ist meist mangelndes Vertrauen in eine Abgabe von Aufgaben an Dritte und Angst (bzw. fehlender Mut) für dem eigenen Scheitern an den wirklich wichtigen Aufgaben.

3. Ständige Kontrolle 

Kontrollsucht oder auch Mikromanagement sollte spätestens seit Corona und der Home-Office Debatte jedem bekannt sein. Eine Führungskraft, die jedes Detail und jeden Schritt für die Arbeit der Mitarbeiter vorgibt, kann keine Verantwortung abgeben. Als Führungskraft investiert man aber an dieser Stelle viel zu viel Energie und Zeit und die Arbeitsmoral der Mitarbeiter sinkt gleichzeitig. 

4. Die Schuld auf andere schieben 

Wenn am Ende irgendwas schiefgelaufen ist, dann suchen einige Führungskräfte die Fehler bei einer einzelnen Person. Anstatt zu fragen, woran es gelegen hat und was die Führungskraft hätte besser machen können, wird die Schuld auf den Mitarbeiter abgewälzt. Das Schwierige daran ist, dass das Unternehmen nicht daraus lernen kann, wenn Fehler einfach immer irgendjemanden zugeordnet werden. Fehler sind manchmal ärgerlich, aber dienen ja auch der Weiterentwicklung und Optimierung. Diese Eigenschaft macht eine offene Fehlerkultur fast unmöglich und behindert die Weiterentwicklung erheblich.

5. Viel Kritik, wenig Lob 

Führungskräfte neigen dazu, Mitarbeiter ständig zu kritisieren, damit die Ergebnisse besser werden. Dies kann schnell Menschen demotivieren. Mitarbeiter stehen durch ständige Kritik und zu wenig Lob unter Druck und wissen am Ende gar nicht, was genau sie denn jetzt richtig machen und was nicht. Das sorgt für eine ordentliche Portion Demotivation und noch schlechteren Ergebnissen. Kritik ist wichtig, aber bitte angemessen und Lob dabei nie vergessen. 

6. Öffentlich und destruktiv kritisieren

Dieser Punkt leitet sich fast vom vorherigen Punkt ab. Die Art und Weise der Kritikäußerung ist oftmals wichtiger, als die Inhalte der Kritik.

Verstehen Sie mich nicht falsch, natürlich gilt es Verantwortung zu übernehmen, wenn Dinge nicht gut gelaufen sind. Nur auf diesem Weg kann man auch aus Fehlern lernen und besser werden.

Oftmals wird Kritik an einzelnen Mitarbeitern vor der gesamten Gruppe durch die Führungskraft (fast schon) zelebriert, handwerklich ist die Art der Kritikäußerung dann zudem eher destruktiv und kommt einer Vorführung der betreffenden Person gleich. Die Serie “Stromberg” ist u.a. ja auch so lustig, weil leider ganz viele Elemente des Bernd Strombergs eben in den meisten Führungskräften zu finden sind.

7. Geheimniskrämerei

Manche Führungskräfte machen regelrecht ein Geheimnis aus ihrer Arbeit. Sie geben kaum Informationen weiter, die eventuell auch wichtig für das Team sein könnten. Wenig Transparenz im Unternehmen sorgt am Ende für demotivierte Mitarbeiter. Wenn Führungskräfte den Mitarbeitern nur so viele Informationen wie nötig zukommen lassen, dann halten sie die Potenziale der Mitarbeiter und deren Projekte klein.

8. Gute Ideen als die eigenen verkaufen

Dass Führungskräfte Informationen für sich behalten, kann vielleicht auch daran liegen, dass sie die richtig guten Ideen am liebsten selber haben. Als Führungskraft die Ideen der Mitarbeiter umzusetzen ist super, doch das Lob gebührt dann eben diesen. 

9. Unprofessionalität

Eine schlechte Führungskraft kann die professionelle Balance zwischen Arbeitswelt und Privatem nicht richtig finden, wenn es um den Umgang mit Mitarbeitern geht. Eine Vermischung im Verhalten kann fatale Auswirkungen im täglichen Miteinander hervor bilden. Gute Führungskräfte bewahren immer eine professionelle Balance im Umgang mit Mitarbeitern, ob im beruflichen oder privaten Umfeld.

10. Mitarbeitergespräche ohne Mehrwert für beide Seiten 

Führungskräfte, die nur Gespräche mit ihren Mitarbeitern führen, weil sie es eben müssen, werden nie erfahren, wer da eigentlich wirklich vor ihnen sitzt. Oft wird einmal im Jahr der Personalbogen ausgekramt und sich mal eben schnell ein paar Kritikpunkte und auch das ein oder andere Lob rausgeschrieben. Doch ehrlich ist das nicht. Und wertschätzend auch nicht. Die Mitarbeiter werden das merken und die Kritik wie auch das Lob nicht wirklich ernst nehmen. Am Ende gehen dann beide Seiten mit vielen Worten, aber ohne wirklich was gesagt zu haben, unzufrieden und ohne Ergebnisse aus dem Gespräch. 

„Nur wenige Menschen sehen ein, dass sie letztendlich nur eine einzige Person führen können und auch müssen. Diese Person sind sie selbst.“

Peter F. Drucker, Pionier moderner Managementlehre

Führung ist Spiegelbild des Charakters

Den obigen Worten den legendären Peter F. Drucker ist nur wenig hinzuzufügen. Jeder Mensch sollte bei sich selbst beginnen, wenn es um Veränderungen und Weiterentwicklung geht. Nur wenn ich Veränderungen bei mir selbst bewirke, kann ich auch mein Umfeld verändern oder zu Veränderung inspirieren.

Obwohl sicherlich jeder den obigen Aussagen zustimmen wird, sind dies in hohem Maße Lippenbekenntnisse. Der Grund dafür besteht in dem Phänomen, dass sich Menschen nur äußerst ungern mit sich selbst beschäftigen, um sich kennenzulernen und weiterzuentwickeln. In den USA etwa ist die persönliche Weiterentwicklung (Coachings, Seminare, Bücher etc.) der absolute Standard, insbesondere für Führungskräfte.

Machen Sie mal den Selbsttest: Wie viel Geld haben Sie im Jahr 2020 in sich selbst, also ihre Weiterentwicklung, investiert? Dazu zählen Weiterbildungen, Seminare, Bücher, Coachings, Inspirationsreisen, Audioprogramme, Workshops etc.. Zumeist ist das Ergebnis sehr ernüchternd.

Fazit

Es gibt noch sehr viel mehr Merkmale, die schlechte Führung ausmacht. Alle gemeinsam haben sie jedoch, dass sie Mitarbeiter demotivieren, die Stimmung im Unternehmen darunter leidet und die Mitarbeiter meist nicht nur innerlich kündigen. Führungspersonal muss sich bewusst werden, dass ihr Handeln immer Konsequenzen mit sich trägt und sie einen großen Teil zum Erfolg des Unternehmens beitragen können. 





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